Datenschutz

Meldebehörden geben Daten von Bürgern frei

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion haben die Regierungsfraktionen im Bundestag am späten Abend des 28. Juni ein Gesetz zur »Fortentwicklung des Meldewesens« ohne weitere Aussprache in geänderter Form beschlossen. Entgegen früheren Bekundungen wurden damit die Rechte des Bürgers gegenüber Adresshändlern und Werbetreibenden deutlich geschwächt. Auch ein ursprünglich vorgesehenes elektronisches Widerspruchsrecht der Betroffenen hat die Koalition beseitigt.

Bürger, die nicht mit Werbung belästigt werden möchten, müssen somit explizit der Weitergabe ihrer Daten durch die Ämter widersprechen. Nach Auffassung der Piratenpartei Deutschland sollte die Nutzung personenbezogener Daten durch Dritte jedoch erst nach ausdrücklicher Zustimmung durch die Betroffenen zulässig sein. Vielen Bürgern ist nicht bewusst, dass Meldeämter ihre Daten ungefragt weitergeben dürfen.

»Da der Staat eine Meldepflicht der Bürger gesetzlich verankert hat, sind die Behörden im Gegenzug verpflichtet, mit diesen zwangsweise erhobenen Daten sorgfältig umzugehen. Diese Sorgfaltpflicht wurde wirtschaftlichen Interessen der Werbetreibenden geopfert. Dies ist ein weiterer Datenskandal erster Ordnung«, so Markus Barendorff, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland. »Da das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt wird, und der Staat mit diesem Gesetz gegen seine Sorgfaltspflicht aus Gröbste verstößt, stellt sich die Frage, ob die Verfassungskonformität überhaupt noch gegeben ist. Das Gesetz zur »Fortentwicklung des Meldewesens« ist ein einziger Rückschritt.«

Die PIRATEN sprechen sich in ihrem Grundsatzprogramm gegen die Weitergabe personenbezogener Daten vom Staat an die Privatwirtschaft aus.

Gegen den ursprünglichen Regierungsentwurf waren Inkassounternehmen und Adressdienste Sturm gelaufen, woraufhin die Regierung mit dem neuen Entwurf eine inhaltliche Kehrtwende vollführte: Grundsätzlich ist nun jede Weitergabe von Meldedaten für Werbung und Adresshandel gestattet, sofern ihr nicht zuvor explizit widersprochen wurde (»Opt-Out-Verfahren«).