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VDS – die unendliche Geschichte

Seit Juli 2011 liegt dem Bundesjustizministerium ein wissenschaftliches Gutachten vor, das sich mit den Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung befasst.

Das Gutachten der kriminologischen Abteilung des Max-Planck-Instituts (MPI) für ausländisches und internationales Strafrecht befasst sich detailliert mit der Frage der, von den Sicherheitsbehören immer wieder propagierten, „Schutzlücke“, die durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2010 angeblich entstanden sein soll.

Foto: CC-BY-SA 2.0 Freiheit statt Angst 2008 BerlinDas Gutachten betrachtet detailliert Deliktsbereiche hinsichtlich ihrer Aufklärungsquoten. Für den Zeitraum, in dem es in Deutschland eine Vorratsdatenspeicherung gab, ist kein positiver Effekt auf die Aufklärungsquoten zu verzeichnen. Aber auch nach dem Ende der VDS durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2010 war kein Abfall der Quote der aufgeklärten Fälle zu beobachten. Bei der nüchternen Betrachtung der kriminologischen Effekte der VDS kommt das Gutachten zu dem eindeutigen Schluß, daß die angebliche Schutzlücke gar nicht besteht.

Dies steht im Widerspruch zu dem, was bisher von den Regierungsparteien behauptet wurde. Möglicherweise aus diesem Grund blieb das, extra in Auftrag gegebene, Gutachten bislang weitgehend unbeachtet und wurde der Öffentlichkeit vorenthalten. Der bisher beobachtete Umgang der Behörden mit solchen Gutachten lässt den Schluß zu, dass ein gegenteiliges Ergebnis von Diesen sehr viel mehr Aufmerksamkeit erfahren hätte.

So aber blieb das Gutachten ein halbes Jahr lang der immerhin dafür zahlenden Bevölkerung verborgen, bis es über Umwege Ende Januar 2012 den Chaos Computer Club (CCC) erreichte, welcher letztendlich der Aufgabe nachkam, die von den beteiligten Ministerien zu erwarten gewesen wäre: Veröffentlichung.

Telepolis schreibt dazu: „Der Vorgang wirft ein bezeichnendes Licht auf die Studienvergabepraxis bzw. den Umgang mit Studien durch Ministerien. Wird das gewünschte Ergebnis nicht erzielt, so wird nicht etwa innegehalten und das Ganze überdacht, nein, vielmehr wird mit stoischem (Tunnel)blick nach vorne das, was der eigenen Ansicht widerspricht, ausgeblendet und für irrelevant erklärt.“

Was bedeutet das für die weitere Diskussion? Die zuständigen Politiker und Sicherheitsbehörden und sogar die Gewerkschaft der Polizei halten an der grundlosen Vorverurteilung aller Bundesbürger, genau genommen sogar jedem der einen Internet- oder Telefonanschluß in Deutschland benutzt fest. Wie anders soll man es sonst nennen wenn ohne jedes Verdachtsmoment jeder Einwohner überwacht werden soll?

Sicherlich gehört die Arbeit gegen Unrecht und Extremismus aus unterschiedlichen Bereichen zu einer vordringlichen Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Aber die Vorfälle rund um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) und die Dönermorde als Vorwand für die Notwendigkeit der VDS wieder in den Ring zu werfen, ist nur der Versuch mit Effekthascherei ein medial präsentes Thema auszunutzen, um die eigenen Überwachungsgelüste auf dem Rücken der Hinterbliebenen zu begründen. Vordringlich müssen die derzeit vermuteten Versäumnisse des Verfassungsschutzes und der Polizei im Rahmen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufgeklärt werden, diese können auch mit der VDS nicht wieder wett gemacht werden.

Für eine objektive Beurteilung gerade solch kritischer Themen, ist es unabdingbar, dass Fakten und Gutachten beider Seiten gegeneinander abgewogen werden. Die Öffentlichkeit kann und sollte daher erwarten dürfen, dass kein Aspekt einer solchen Diskussion einfach ausgeklammert und den Bürgern vorenthalten wird.

Wir PIRATEN fordern daher, dass ein solches Gutachten unmittelbar in die Diskussion um die VDS eingebracht wird.

Wir PIRATEN setzen uns seit Jahren gegen die verdachtslose Überwachung der Bürger ein, und das Gutachten des Max-Planck-Instituts bestätigt unsere Ansicht. Darum werden wir auch weiterhin jedes demokratische Mittel einsetzen, um „1984“ zu verhindern.