Wahlfälschungen noch nie so einfach und anonym durchführbar.
„In Niedersachsen sind derzeit Kommunalwahlen. Somit habe ich mir Briefwahlunterlagen per Post zustellen lassen. Das einzige Problem: Es waren die meines Parteikollegen Julien Jassmann, für den Test natürlich mit seinem Einverständnis. Eine Prüfung der Berechtigung ist nicht vorgesehen. Wahlmanipulation war in Deutschland noch nie so einfach!“ erläuterte Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann, Kandidat für den Stadtrat Braunschweig.
Auf der Webseite der Stadt Braunschweig, kann jeder Briefwahlunterlagen beantragen. Adresse, Geburtsdatum und Anschrift des Empfängers eingeben, fertig. Auch die Ihrer Nachbarn, Freunde und Bekannten, sofern Sie die oben genannten Daten kennen.
Nicht nur von den zur Wahl antretenden Kandidaten sind diese Informationen leicht zu bekommen, sondern auch von beliebigen Menschen z.B. per Telefonabfrage, bei Firmen, aus Social Networks oder einfach nur durch Suchmaschinen im Internet.
Das Formular des Wahlamts ermöglicht die Zusendung an beliebige Adressen. Gedacht ist dies für Braunschweiger, die sich z.B. gerade im Urlaub befinden. Andersherum kann so dafür gesorgt werden, dass Briefwahlunterlagen mit einfachsten Mitteln von Unbefugten genutzt werden. Wahlfälschung so einfach, dass sie jeder begehen kann. Die Berechtigung die Unterlagen anzufordern und die Empfängeranschrift werden an keiner Stelle auf Legitimität überprüft.
Julien Jassmann, Betroffener und ebenfalls Kandidat für den Stadtrat meint: „Das hätte niemals funktionieren dürfen. Man stelle sich vor, ich stünde am 11. September nichts ahnend im Wahllokal und darf meine Stimme nicht abgeben. Und genau das kann jedem anderen Wahlberechtigten auch passieren.“
Diese vermeintlich nutzbringende Änderung sorgte auch für einen deutlichen Anstieg der Briefwahlen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Der Wunsch nach Vereinfachungen ist natürlich generell zu begrüßen, aber derartige Sicherheitslücken dürfen dabei einfach nicht entstehen. Bis sich eine simple Lösung findet, kommt man um eine gewisse Komplexität nicht herum. Ist man, wie hier, derart unachtsam, fliegt einem das System einfach nur um die Ohren.
Nachtrag 1:
Aus einem Artikel der NWZ Online: Der Osnabrücker Sozialwissenschaftler Dieter Otten von der Stiftung Internetforschung gab der Piratenpartei Recht. Das Problem sei unter Experten bekannt, aber: „Das Problem können Sie nicht lösen, es sei denn, Sie schaffen die Briefwahl ab“, sagte Otten, der sich als Forscher in Sachen Internet-Wahlen einen Namen gemacht hat.
Nachtrag 2:
Am 24.8.2011 hat Radio Okerwelle ein Interview mit Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann (Kandidat für die Wahl zum Stadtrat) und dem braunschweiger Wahlleiter Herrn Klein ausgestrahlt. Wir haben nach Rücksprache die Genehmigung bekommen den Bericht hier online zu stellen.
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